Ausgeprägtes Hygieneverhalten durch züchterische Auslesen in der modernen Buckfastzucht zur Reduzierung der Milbenbelastung in den Wirtschaftsvölkern und der Vorbeugung von Brutkrankheiten. Die in den 70er Jahren eingeschleppte Varroa Destructor ist leider weiterhin stetiger Begleiter unserer Bienen und konnte trotz stetiger Bemühungen mit der Behandlung durch natürliche Säure und Medikamenten von den Imker nicht ausgerottet werden. Vielmehr ist es inzwischen ein Wettlauf zwischen den Imkern und der Milbe geworden, die Bienen vor einem Kollaps durch die Varroa und dessen Begleiterscheinungen zu schützten.
Inzwischen ist es durch züchterische Auslese gelungen, die Entwicklung der Buckfast Biene derart zu steuern, dass Königinnen deren Nachkommen mit einem ausgeprägten Hygieneverhalten die Anzahl der Milben in einem akzeptierbaren Rahmen unterhalb der Schadschwelle halten können. Um diese genetischen Eigenschaften sind einige Begriffe wie VSH, HYG und SMR entstanden, welche in ihrem Kern die Möglichkeit beschreiben, in welchem Umfang die Bienen mit den Milben selbst zurechtkommen können.
Varroa Sensible Hygiene (VSH) beschreibt die Fähigkeiten von Bienen die Identifizierung und Entfernung von „infizierter“ Brut vornehmen zu können. Hierbei sind die Bienen in der Lage geschlossene Brutzellen zu identifizieren, in welcher sich Varroamilben aktiv fortpflanzen wollen. Die Brutzellen werden von den Bienen dann geöffnet und die Zellen aktiv ausgeräumt. Die weiblichen Milben werden durch diesen Vorgang in ihrer Reproduktion gehindert und die Population wächst wesentlich langsamer.
Nach aktuellen Erkenntnisse (Stand 2024) ist die Varroa Sensitive Hygiene aktuell das Verhalten zu behandlungsfreien Bekämpfung der Varroa, welches das größte Potenzial für den Erfolg von Varroa 2033 zeigt (Büchler, 2024).
Das Hygiene Plus (HYG+) Verhalten beschreibt die Sensibilität der Arbeitsbienen für abnormale Vorgänge in der verdeckelten Brutzelle. Dies umfasst nicht nur das Verhalten bei Varroa Destructor, sondern auch den Umgang mit anderen Brutkrankheiten wie Amerikanische Faulbrut, Europäische Faulbrut und Kalkbrut. Dieses Verhalten ist durch den Imker messbar und wird vorwiegend durch den Nadeltest überprüft.
In diesem Vorgang wird eine abnormale Zelle in Form toter Brut simuliert, hierbei wird in einem Quadranten von 10 x 10 Zellen (100 Zellen) die Brut durch eine Insektennadel (alternativ Einfrieren oder Erhitzen) getötet ohne den Zelldeckel signifikant zu zerstören. Innerhalb einer Messperiode von 24 Stunden wird ausgezählt wie viele Zellen durch die Bienen ausgeräumt wurden. Der erhaltene Wert spiegelt dann das Hygieneverhalten der Buckfastbienen in Prozent wieder. Eine zuchtwürdiges Hyg+ Verhalten von Arbeitsbienen sind mindestens 85% Ausräumrate nach 24 Stunden, nachzulesen ist dies in den Zuchtwertschätzungen der Zuchtmütter im Buckfast Züchterverzeichnis. Entsprechende Selektionen auf Mutter- und Vaterseite gewährleisten die Festigung und Steigerung des Hygieneverhaltens, denn durch die Reduzierung von geschädigter Brut innerhalb der Völker steigt auch deren Überlebenschance. Entsprechend wird auf HYG+ inzwischen auch bei den Belegstellen ein großes Augenmerk gelegt um die genetischen Merkmale über die Vaterseite auf die nachfolgenden Generation zu übertragen.
Mit Suppressed Mite Reproduction (SMR) werden Völker beschrieben, welche eine verlangsamte Reproduktion von Varroa aufweisen. Hierbei kommt sowohl VSH als auch HYG+ als Möglichkeit in Betracht. Es hat sich in Studien gezeigt, dass Völker entweder ausgeprägte VSH oder HYG+ Eigenschaften ausweisen können, aber beide Verhaltensweisen in ausgeprägter überdurchschnittlicher Form nicht in einem Volk vorhanden sind. Zudem ist nicht sicher, ob das Verhalten dominant vererbt wird, daher besteht bei Nachzuchten von HYG+ oder VSH Völker zwar eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass diese Erbinformationen vorhanden sind, es muss aber für jede nachgezogene Königin überprüft werden, in welchem Grad eine Vererbung stattgefunden hat.
Die Mite Non-Reproduction (MNR) ist eine wesentliche Eigenschaft in der Selektion varroatoleranter Honigbienenvölker. Sie beschreibt die Unfähigkeit der Varroa destructor, sich erfolgreich in Brutzellen der Honigbiene zu reproduzieren. Diese Eigenschaft stellt eine vielversprechende Grundlage für züchterische Maßnahmen dar, da sie direkt die Vermehrungsrate des Parasiten beeinflusst und so zur Kontrolle von Befallsdichten in Bienenvölkern beiträgt. MNR wird häufig in Kombination mit anderen Selektionsmerkmalen wie der Varroa Sensitive Hygiene (VSH) untersucht, um die komplexen Mechanismen der natürlichen Varroatoleranz besser zu verstehen.
Der Lebenszyklus der Varroa destructor ist eng mit der Brut der Honigbiene verknüpft. Die Milben dringen in Brutzellen ein, um sich dort zu vermehren. Nach der Verdeckelung der Zellen legen die Milben ihre Eier, aus denen sich Nachkommen entwickeln. MNR setzt an diesem Fortpflanzungsprozess an, indem sie die Reproduktion der Milben unterbricht. Ursachen für das Versagen der Milbenreproduktion sind vielfältig. Dazu gehören unzureichende Ernährungsmöglichkeiten der Milben, Entwicklungsprobleme bei den Nachkommen oder spezifische Eingriffe der Arbeiterbienen, die den Fortpflanzungsprozess stören.
In der wissenschaftlichen Literatur wird hervorgehoben, dass MNR eine hohe genetische Variabilität aufweist, was die Selektionsbemühungen erheblich beeinflusst. Studien zeigen, dass die MNR-Werte in Folgegenerationen stark schwanken können. Dies erfordert eine intensive und langwierige Evaluierung, um zuverlässige Zuchtlinien zu entwickeln, die eine hohe MNR-Rate aufweisen. Ein entscheidender Faktor für den Erfolg der Selektion ist dabei die Präzision der diagnostischen Methoden, die das reproduktive Verhalten der Milben innerhalb von Brutzellen überwachen und bewerten.
Die Forschung hat gezeigt, dass MNR eng mit anderen hygienischen Verhaltensweisen der Honigbiene verbunden ist. So kann die Aktivität von VSH-Bienen, die befallene Brutzellen öffnen und entfernen, direkt zu einem Anstieg der MNR führen, da unterbrochene Entwicklungszyklen die Reproduktion der Milben verhindern. Darüber hinaus scheint es eine Wechselwirkung zwischen genetischen und umweltbedingten Faktoren zu geben, die die Wirksamkeit von MNR beeinflussen. Beispielsweise können klimatische Bedingungen und die allgemeine Volksstärke die Effizienz der Varroa-Kontrolle über MNR erheblich modifizieren.
Eine der zentralen Herausforderungen bei der Nutzung von MNR als Selektionsmerkmal ist der erhebliche Zeitaufwand, der für die Evaluation erforderlich ist. Die detaillierte Untersuchung von Brutzellen und die Analyse der Milbenreproduktion erfordern spezialisierte Kenntnisse und Ressourcen. Zudem können Schwankungen zwischen Generationen die Konsistenz der Ergebnisse beeinträchtigen. Um langfristig stabile und effektive Zuchtprogramme zu etablieren, ist eine enge Verknüpfung von MNR mit anderen Selektionsmerkmalen sowie eine kontinuierliche Anpassung der Methoden notwendig.
Die Bedeutung von MNR liegt in ihrem Potenzial, die Varroa-Population innerhalb eines Volkes signifikant zu reduzieren und so die Notwendigkeit chemischer Behandlungen zu minimieren. Als Teil eines umfassenden Ansatzes zur Förderung der Varroatoleranz eröffnet MNR zukunftsweisende Perspektiven für die Bienenzucht. Die Integration dieser Eigenschaft in nachhaltige Zuchtprogramme könnte langfristig nicht nur zur Verbesserung der Bienengesundheit, sondern auch zur Stabilisierung der globalen Imkerei beitragen.
Das Recapping (REC) von Brutzellen ist ein faszinierendes Verhalten der Honigbiene (Apis mellifera), das zunehmend im Zusammenhang mit der natürlichen Abwehr gegen die parasitische Milbe Varroa destructor untersucht wird. Es beschreibt den Vorgang, bei dem Arbeiterbienen bereits verschlossene Brutzellen öffnen, inspizieren und anschließend erneut versiegeln. Dieses Verhalten spielt eine potenziell wichtige Rolle in der Varroatoleranz, einer Eigenschaft, die in der Bienenzucht zunehmend angestrebt wird.
Die Varroa destructor stellt eine der größten Herausforderungen für die moderne Imkerei dar. Diese Milbe parasitiert sowohl die Brut als auch erwachsene Bienen, wobei sie sich vor allem in verdeckelten Zellen fortpflanzt. Während dieses Prozesses ernährt sie sich von der Hämolymphe der Larven und überträgt gleichzeitig Viren, die die Bienengesundheit erheblich beeinträchtigen können. Das Recapping könnte die Fortpflanzung der Milbe stören, indem es die Bedingungen in den Brutzellen verändert oder die Aktivität der Milben unterbricht.
In Studien wurde festgestellt, dass Bienenvölker mit einem hohen Maß an Recapping-Aktivität oft eine geringere Varroa-Befallsrate aufweisen. Die Bienen öffnen die Zellabdeckungen, entfernen die Milben jedoch nicht immer, sondern schließen die Zellen nach einer kurzen Inspektion wieder. Es wird angenommen, dass dies die Entwicklung der Milben stört und deren Fortpflanzung reduziert.
Die genetische Verankerung dieses Verhaltens ermöglicht es, durch gezielte Zucht Bienenvölker mit einer höheren Recapping-Rate zu entwickeln. Diese Eigenschaft korreliert oft mit anderen hygienischen Verhaltensweisen, wie der Varroa Sensitive Hygiene (VSH), bei der befallene Larven gezielt entfernt werden. Völker, die diese Verhaltensweisen zeigen, sind in der Regel widerstandsfähiger gegenüber Varroa-Befall und haben eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit.
Es ist jedoch wichtig, das Recapping nicht isoliert als Lösung für das Varroa-Problem zu betrachten. Stattdessen sollte es in Kombination mit anderen Maßnahmen angewendet werden, darunter biotechnische Verfahren, selektive Zuchtprogramme und, wo nötig, chemische Behandlungen. Die Erforschung der genauen Mechanismen hinter diesem Verhalten ist weiterhin erforderlich, um seine Wirksamkeit zu maximieren und es in der Praxis gezielt einzusetzen.
Das Recapping zeigt eindrucksvoll, wie natürliche Verhaltensweisen der Honigbiene in die Strategien zur Bekämpfung von Parasiten integriert werden können. Es unterstreicht die Bedeutung eines tiefen Verständnisses der Bienenbiologie und eröffnet Perspektiven für nachhaltige Ansätze in der Imkerei. Dieses Verhalten ist nicht nur ein Beweis für die Anpassungsfähigkeit der Honigbiene, sondern auch eine vielversprechende Grundlage für die Entwicklung innovativer Zuchtstrategien.
In Versuchen wurde im Rahmen einer Studie festgestellt, dass ein Öffnen und Schließen von Zellen in extremer Ausprägung bis zu 17 Mal während der 12 tägigen Entwicklungsphase der verdeckelten Puppe erfolgt (Büchler, 2024).
Grooming ist ein wesentliches hygienisches Verhalten bei Honigbienen , das eine besondere Rolle im natürlichen Abwehrsystem gegen die parasitische Milbe Varroa destructor im phoretischen Stadium spielt. Dabei handelt es sich um eine Verhaltensweise, bei der Bienen Milben von ihrem Körper oder vom Körper ihrer Nestgenossinnen entfernen. Dieses Verhalten kann dazu beitragen, die Verbreitung und Vermehrung der Varroa in Bienenvölkern zu kontrollieren und die Gesundheit durch einen reduzierenden Milbendruck in der Kolonie zu fördern.
Die Milbe befällt sowohl adulten Bienen als auch Brut, in welcher sie sich vermehrt, und verursacht durch ihre Ernährung und die Übertragung von Viren erhebliche Schäden. Die Fähigkeit der Bienen, Varroa-Milben durch Grooming zu entfernen, hat das Interesse von Wissenschaftlern und Züchtern geweckt, die nach Möglichkeiten suchen, die natürliche Varroatoleranz der Bienenvölker zu erhöhen. Beim Grooming wird zwischen dem Selbstputzen (Auto-Grooming) und dem gegenseitigen Putzen (Allo-Grooming) unterschieden. Beide Formen zielen darauf ab, Milben zu lokalisieren und mechanisch zu entfernen, wobei die Milben oft beschädigt werden.
In Experimenten konnte gezeigt werden, dass Völker mit einer hohen Grooming-Aktivität eine geringere Varroa-Befallsrate aufweisen. Die Bienen setzen dabei ihre Mandibeln ein, um die Milben vom Körper zu lösen, und beißen in vielen Fällen deren Beine oder Körper. Solche Verletzungen können die Überlebensfähigkeit der Milben stark beeinträchtigen. Beobachtungen haben zudem ergeben, dass Allo-Grooming insbesondere bei starkem Befall verstärkt auftritt, was auf eine adaptive Verhaltensanpassung der Kolonie hinweist.
Genetische Studien deuten darauf hin, dass das Grooming-Verhalten teilweise erblich ist und durch gezielte Zucht gefördert werden kann. Dabei wird Grooming häufig in Zusammenhang mit anderen hygienischen Verhaltensweisen, wie der Varroa Sensitive Hygiene (VSH) oder dem Recapping von Brutzellen, betrachtet. Die Kombination dieser Verhaltensweisen erhöht die Fähigkeit eines Volkes, die Varroa-Population in Schach zu halten, und trägt zur allgemeinen Vitalität der Kolonie bei.
Trotz seines Potenzials wird Grooming nicht als alleinige Lösung für die Varroa-Problematik angesehen. Seine Wirksamkeit hängt von zahlreichen Faktoren ab, einschließlich der Milbendichte, der genetischen Prädisposition des Volkes und der Umweltbedingungen. Grooming sollte daher als Teil eines umfassenden Varroa-Managements betrachtet werden, das auch andere Maßnahmen wie biotechnische Methoden, chemische Kontrollen und gezielte Zuchtprogramme umfasst.
Das Grooming-Verhalten verdeutlicht die beeindruckende Anpassungsfähigkeit der Honigbiene und bietet vielversprechende Ansätze für die Entwicklung nachhaltiger Strategien zur Varroa-Bekämpfung. Durch die Förderung und Integration dieses Verhaltens in Zuchtprogramme können langfristige Lösungen geschaffen werden, die sowohl die Bienengesundheit als auch die Widerstandsfähigkeit der Völker gegenüber Parasiten stärken. Dieses Verhalten stellt einen weiteren Schritt in Richtung einer ökologischen und effektiven Kontrolle von Varroa destructor dar.
Unsere Buckfast Königinnen, welcher durch Leistungs- und Hygieneprüfung für die weitere Zucht vorgesehen sind, wurden auf Belegstellen begattet, die ein Drohnenlinien mit einem ausgeprägten HYG+ Verhalten zeigen. Hierdurch kann in der Vererbung zwar eine überdurchschnittliches Hygieneverhalten nicht garantiert werden, aber mit einer hohen Wahrscheinlichkeit dieses Erbgut auch bei den angebotenen Wirtschaftsköniginnen vorhanden ist.
Büchler, R. (2024). Eurobee Friedrichshafen Podiums Diskussion mit Dr. Kirsten Traynor, https://www.youtube.com/watch?v=rB6DeVvr7DI